Opera

Oper für alle?

Eine Unverfrorenheit sondergleichen ist es, daß Klaus Wowereit, der Mann also, welcher das Amt des Kultursenators mirnichtsdirnichts im letzten Jahr abschaffte und damit der Kulturlandschaft Berlins nachhaltigen Schaden zufügte, daß dieser Mann sich also gestern Abend auf den Bebelplatz stellte, um ca 20 000 Menschen zu einer Liveübertragung von Massenets Manon aus der Staatsoper zu begrüßen. Damit nicht genug, Klaus Wowereit besaß auch noch die Frechheit sich selbst als den großen Unterstützer der Berliner Opern zu feiern! Man erinnere sich: es war Wowereit, der den Etat der Berliner Opern empfindliche kürzte und die Verantwortung für eines der drei Häuser an den Bund abgeben wollte. Dieser Mann scheint vor keiner Peinlichkeit zurückzuschrecken! Schlimmer aber noch, daß das Berliner Publikum zum größten Teil “Wowi” die Treue hält. Von ein paar vereinzelten Buhrufen abgesehen, kann sich Klaus Wowereit beim Berliner Opernpublikum immer noch bester Beliebtheit erfreuen.

Da paßt das Motto des Abends, “Staatsoper für alle“, hervorragend ins Bild. Genauso wie Wowereits Politik, basiert es auf Blendung und Unwahrheiten. Der Slogan suggeriert einen beschränkten Zugang zur Oper, der durch die Openair Veranstaltung temporär aufgehoben würde und somit den sonst vom Opernvergnügen Ausgeschlossenen den Zugang gewährt. Ganz nach der Devise, Oper ist normalerweise nur etwas für die Reichen und Berühmten dieser Stadt, wird die Berliner Oper so zu einer kulturellen Veranstaltung der Elite gebrandmarkt (auf Neudeutsch müsste ich jetzt wohl “gebrandet” schreiben). Daß sie dies nicht ist, zeigt sich bei einem Besuch der Oper an jedem beliebigen Spielabend des Jahres. Die Preise für den Eintritt sind niedriger als in den meisten Opernhäusern dieser Republik und in den unteren Preiskategorien herrschen schon lange Verhältnisse, die sich am besten durch den anderen mißlungenen Slogan des Abends (“Staatsoper zu Kinopreisen“) beschreiben lassen. Fatal an einer solchen Vermarktung der Staatsoper ist nicht nur die Verfestigung eines falschen, nämlich elitären Charakters der Oper. Schlimmer noch wird durch diese Präsentation der Oper einer Erhöhung der Eintrittspreise Vorschub geleistet. Sind erst einmal mehr und mehr Menschen mit ein oder zwei kostenlosen Liveübertragungen aus dem Opernhaus zufrieden, und hat man dadurch ein paar mehr zahlungswillige Besucher gefunden, so lassen sich die Eintrittspreise Stück für Stück hochschrauben, bis man tatsächlich auf einem Niveau angekommen ist, bei dem es für den normalen Berliner heißt: “Ich muß leider draußen bleiben“.

Ist die Oper dann erst einmal zu einer Veranstaltung verkommen, bei der die Paparazzi von Gala, Bild, und BZ Schlange stehen, um die Gäste bei ihrem Einzug in das Opernhaus zu fotografieren, dann können wir Normalbürger uns in aller Ruhe auf dem Bebelplatz niederlassen um mit Bier aus Pappbechern und Deutschlandfahne in der Hand aus dem Sommermärchen ein Opernmärchen werden zu lassen. Das wäre dann sicherlich auch ganz nach Klaus Wowereits Geschmack.

PS: Eine Besprechung dieser phänomenalen Aufführung folgt.

Discussion

4 comments for “Oper für alle?”

  1. Das empfinde ich als eine sehr bedenkenswerte Überlegung.

    Posted by hufi | June 1, 2007, 11:22 am
  2. Hey! Dich gibt’s noch? Hab mich gewundert, dass auf dem alten blog nix mehr läuft. Jetzt hab ich das neue gefunden und verlinkt!

    Posted by Matthias Röder | June 3, 2007, 9:51 am
  3. Das ist aber sehr freundlich von dir.

    Posted by hufi | June 9, 2007, 12:24 pm
  4. […] sollen eigentlich immer diese Slogans a la Oper für alle (oder s. auch hier und hier)? Klingt irgendwie politisch korrekt, wenn Steuergelder auf diese Weise allen zu gute kommen […]

    Posted by Oper für alle? - Kulturblogger | August 12, 2008, 7:26 pm

Post a comment

Zeitschichten on Twitter

Archives